Ein wesentlicher Teil eines jeden Besuches in Istanbul ist der dickflüssige, aromatische türkische Kaffee, oder kahve, wie er in der Türkei genannt wird. Wenn Sie in den exotischen Straßen der Stadt sitzen und das starke Getränk aus den glänzenden kleinen Tassen genießen, werden Sie den ursprünglichen Geschmack einer langen kulturellen Tradition in sich aufnehmen, die gewachsen ist seitdem der Kaffee im 15. Jahrhundert in das Osmanische Reich eingeführt wurde.
Der türkische Kaffee unterscheidet sich vom europäischen und australischen Gebräu vor allem in der Art, wie er serviert wird. Langsam in einer kleinen Kanne namens cezve gekocht und oft mit Zimt oder Kardamom gewürzt ist das Ergebnis eine duftende Tasse von halb flüssigem, halb sandigem Gebräu (was man nicht erwartet).
Traditionell wurde den jungen Frauen die Kunst des Kaffee Kochens zu dem Zweck geleert, damit sie am Tage ihres Heiratsantrages dem potentiellen Ehemann einen Kaffee servieren konnten. Die Legende besagt, dass wenn der Kaffee salzig serviert wurde, das Mädchen vom Antragsteller unbeeindruckt blieb. War das Gebräu dagegen extra süß, stimmte sie dem Antrag zu. Es hieß auch, dass die Wertschätzung der jungen Frau und ihre Eignung als Ehefrau stark vom Geschmack und dem Servieren des Kaffees abhängig waren.
Der Kaffee spielt außerdem seit vielen Jahren eine wichtige Rolle im Alltag der türkischen Bevölkerung und gilt als Zeichen der Gastfreundschaft, der guten Wünsche und als Getränk, mit dem man vor wichtigen Gesprächen das Eis bricht. Er wird auch bei Treffen unter Freunden, zu den national beliebten Backgammon Partien oder bei den Treffen der Frauen zu Kuchen und Süßigkeiten serviert.
Ausgehend von diesen sozialen Zusammenkünften entstand auch das Spiel, aus dem in der Tasse verbleibenden Kaffeesatz die Zukunft zu lesen. Das Voraussagen der Zukunft aus türkischem Kaffee geschieht mittels einer besonderen Prozedur, bei der die Tasse umgekippt und schnell gedreht wird, danach rührt man den Kaffeesatz mit dem Zeigefinger um und liest anschließend aus dem verbleibenden Muster die Zukunft. Was einst eine in den meisten Haushalten verbreitete Tradition war, wird heute von den modernen Bewohnern Istanbuls in einer abgeschwächten Variante fortgesetzt. Diese lesen im Kaffeesatz ihrer Freunde auf eher spielerische Art, während sie in einem Stadtcafé zusammensitzen und über ihre Träume, Beziehungen und Geld plaudern.
Wenn man bedenkt, welch unterhaltsame Stadt Istanbul ist, überrascht es nicht, dass sich die Besitzer moderner Cafés den Trend des Wahrsagens zu Nutze gemacht haben und echte Wahrsager in ihren Cafés beschäftigen. Der moderne Vorort Istanbuls Beyoglu mit seinen labyrinthartigen Straßen und Designer Boutiquen bietet zahlreiche kleine Cafés, welche die traditionelle Kaffeekultur neu für sich entdeckt haben und interessierten Touristen und abergläubischen Kunden das Lesen aus ihrem Kaffeesatz anbieten.
Um die Dienste jener Wahrsager in Anspruch nehmen zu können, nehmen Sie die Straßenbahn von Sultanahmet, überqueren den Fluss und laufen den Berg in Richtung des legendären Galataturmes hoch, der sich im vibrierenden Vorort Beyoglu befindet. In den schmalen Gassen rund um den Turm strömt Ihnen der Duft von frisch gebrühtem türkischem Mokka entgegen, der darauf wartet, verkostet zu werden. Wenn Sie die Hauptverkehrsstraße entlang gehen, stoßen Sie auf den berühmten Taksim Platz. Bevor Sie aber in den Wahnsinn der Straße Istiklal Caddesi eintauchen, durchstreifen Sie auch die Seitenstraßen, wo Sie zahlreiche Wahrsager-Cafés, Handwerkskünstler, Kunstgalerien und viele Köstlichkeiten finden werden, die ausgezeichnet zu einem Kaffee passen.
In Istanbuls Straßen zwischen all den charmanten Geschäften, Cafés und Apartments duftet es nach köstlichem türkischem Mokka. Kosten Sie ein Stück Geschichte aus den Porzellantassen und tauchen Sie ein in die türkische Kultur, die schon seit so vielen Jahren existiert.