In der Altstadt von Malaga kann man sich echt schnell verlaufen. Und genau das mache ich auch, unabsichtlich natürlich. Durch die labyrinthartigen Gassen schlendere ich nach rechts und links, immer auf der Suche nach den Türmen der Kathedrale, die ab und zu zwischen den Häusern hervorschauen.
In der Nähe der Kathedrale, der Einarmigen Dame, wie die Einwohner Malagas sie nennen, liegt nämlich mein Apartment, mitten im Zentrum. Das Problem an meiner Orientierungstechnik ist nur, dass es noch andere Kirchen mit hohen Türmen gibt, die von Weitem ganz ähnlich aussehen. Jedenfalls, wenn man sich hier noch nicht so gut auskennt. Statt vor der Kathedrale lande ich also zunächst vor einer anderen Kirche, aber einer sehr hübschen. Von einer Seite sieht sie ganz bunt und arabisch aus. Die Erbauer haben einfach eine maurische Moschee zu einem christlichen Gotteshaus umgebaut. Gebäude-Recycling im Mittelalter.
Ich bummle weiter, spaziere über kleine Plätze und durch enge Gassen und komme ziemlich bald auf eine größere Straße. Die führt zu einem Hügel mit Burg, dem Hausberg Malagas sozusagen, auf dem sich die maurische Alcazaba erhebt. Das muss ich mir natürlich ansehen und so folge ich dem plätschernden Wasserlauf und steige die Treppen hinauf zur Burg. Von oben kann ich den Hafen sehen! Der Ausblick ist nicht nur super schön, sondern auch praktisch, um mich zu orientieren. Als ich die Kathedrale entdecke, weiß ich nun wieder, in welche Richtung ich mich bewegen muss.
Unten angekommen marschiere ich also gleich los. Dieses Mal in die richtige Richtung. Erstaunlicherweise liegt die Kathedrale nur zwei Straßen weiter. Sie ist so groß, dass ich sie einfach nicht erkannt habe, als ich vorhin auf der anderen Seite daran vorbeigegangen bin! Ich bestaune einen Moment lang die Hochzeitsgesellschaft, die gerade fröhlich aus der Kirche kommt. Während ich noch total fasziniert die eleganten Abendkleider der Damen anstarre, steht das nächste Brautpaar schon in den Startlöchern. An diesem schönen Samstag im Herbst wird offenbar im Akkord geheiratet.
Und dann stehe ich endlich wieder vor der richtigen Seite der Kathedrale. Vor dem Haupteingang liegt eine kleine Plaza mit Caféterrassen. Ich nehme an einem freien Tisch Platz und bestaune dieses mächtige Bauwerk. Auch wenn einer der Türme nie fertiggestellt wurde, ist die Manquita, die Einarmige, wirklich wunderschön. Angeblich ist den Bauherren damals das Geld ausgegangen, und als sie endlich wieder genug Finanzmittel zusammenhatten, um den Rest fertigzustellen, wollten die Einwohner Malagas ihre Kathedrale aber lieber so behalten, wie sie ist, unvollendet.
Manchmal ist das Unvollkommene eben viel schöner, als das Perfekte. Das ist ein bisschen so wie mit meinem Bummel durch die Altstadt. Mit einem Stadtplan hätte ich mich sicher nicht verlaufen, aber dafür hätte ich auch nicht so viele ruhige und schöne Ecken Malagas gesehen, die ich nur durch Zufall entdeckt habe. Beim nächsten Mal werde ich mich wieder Verlaufen. Aber dann mit Absicht.
Nicole Biarnes
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